Wenn du einen muffigen Geruch im Haus spürst, aber keinen sichtbaren Schimmel findest - dann bist du nicht allein. Viele Hausbesitzer und Mieter ignorieren solche Anzeichen, bis es zu großen Flecken an Wänden oder Atembeschwerden kommt. Doch Schimmel wächst oft dort, wo du ihn nicht siehst: hinter Möbeln, unter Estrich, in Wandnischen. Die gute Nachricht: Mit einer systematischen Schimmel-Checkliste kannst du ihn schon früh erkennen - und teure Sanierungsfehler vermeiden.
Warum eine Checkliste mehr ist als nur ein Fragebogen
Eine Schimmel-Checkliste ist kein einfaches Online-Formular, das du in fünf Minuten ausfüllst. Sie ist ein Werkzeug, das von Baubiologen, TÜV-zertifizierten Gutachtern und dem Umweltbundesamt entwickelt wurde, um die Ursachen von Schimmel genau zu finden. Denn nur wenn du weißt, warum der Schimmel entstanden ist, kannst du ihn dauerhaft beseitigen.78 Prozent aller Fehlsanierungen passieren, weil nur die Oberfläche behandelt wird - nicht die Ursache. Ein Fleck an der Wand wird abgewischt, aber die kapillare Feuchtigkeit aus dem Fundament bleibt. Zwei Monate später ist der Schimmel zurück. Die Checkliste verhindert das.
Die aktuelle Version basiert auf dem UBA-Leitfaden von 2013 und umfasst 18 Prüfpunkte. Sie geht von der Bausubstanz über das Nutzerverhalten bis hin zu gesundheitlichen Symptomen. Du musst nicht alle Punkte selbst messen - aber du solltest sie verstehen, um einen Gutachter richtig zu befragen.
Phase 1: Die sichtbaren Warnsignale
Beginne mit einem einfachen Augenschein. Gehe Raum für Raum ab und achte auf diese Anzeichen:- Weiße, grüne oder schwarze Flecken an Wänden, Decken oder Fensterbänken
- Muffiger, modriger Geruch - besonders nachts oder nach dem Duschen
- Feuchte Stellen, die nicht trocknen, auch wenn du lüftest
- Blasen oder Abblättern von Tapete oder Farbe
- Feuchtigkeit an Außenwänden, besonders an Ecken oder hinter Möbeln
Wenn du eines dieser Zeichen siehst, ist es Zeit, tiefer zu gehen. Aber Vorsicht: Nicht jeder dunkle Fleck ist Schimmel. Ruß, Kalkausblühungen oder Schmutz können ähnlich aussehen. Ein einfacher Test: Tropfe etwas Wasser auf den Fleck. Wenn er sich aufsaugt, ist es wahrscheinlich kein Schimmel. Wenn er abperlt, könnte es Pilzhyphen sein.
Phase 2: Die versteckten Ursachen
Die meisten Schimmelschäden (85 Prozent, laut Sanier.de) liegen nicht an der Oberfläche. Sie entstehen durch fehlerhafte Bauweise oder falsches Lüftungsverhalten. Hier prüfst du die verborgenen Risiken:- Gebäudealter: Häuser vor 1980 haben oft keine Dämmschicht oder undichte Fenster - das führt zu Kältebrücken.
- Wärmebrücken: Wo Beton durch die Wand läuft, kühlt sich die Oberfläche ab. Dort kondensiert die Luftfeuchtigkeit - ideal für Schimmel.
- Dach und Fassade: Undichte Dächer, verstopfte Regenrinnen oder fehlende Abdichtung an Balkonen sind klassische Feuchtigkeitsquellen.
- Feuchtigkeit aus dem Boden: Kapillare Aufstiegsfeuchtigkeit tritt oft in Kellern oder Erdgeschossen auf. Du siehst sie an feuchten Putzflächen, die sich vom Boden nach oben ausbreiten.
- Lüftungsverhalten: Wer nur kurz stoßlüftet, bringt keine Luftfeuchtigkeit nach draußen. 10 Minuten dreimal täglich sind besser als 30 Minuten einmal am Tag.
Ein guter Trick: Lege nachts einen Thermometer und einen Feuchtigkeitsmesser in den betroffenen Raum. Wenn die Luftfeuchtigkeit über 80 Prozent bleibt - und das über mehrere Tage - ist Schimmelbildung fast sicher. Die Grenze ist laut DIN 18964 klar: Ab 80 % relative Luftfeuchte über 48 Stunden beginnt Schimmel zu wachsen.
Phase 3: Die Messgeräte, die du brauchst
Du musst kein Experte sein, um mit einfachen Geräten zu messen. Hier sind die drei wichtigsten:- Feuchtemessgerät: Ein Profi-Gerät wie das Protimeter Surveymaster misst die Feuchtigkeit im Baustoff mit ±1,5 % Genauigkeit. Ein günstigeres Modell ab 89 € reicht für Anfänger.
- Thermokamera: Zeigt dir kalte Stellen an Wänden - also potenzielle Wärmebrücken. Eine FLIR E8 mit 0,03 °C Empfindlichkeit zeigt dir, wo die Wand kälter ist als die Umgebung.
- Datenlogger: Ein TFA Dostmann 30.1080.03 (ca. 149 €) misst über 72 Stunden Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Die Auswertung zeigt dir, ob die Luftfeuchtigkeit ständig zu hoch ist - auch wenn du nicht zu Hause bist.
Was du nicht brauchst: DIY-Schnelltests aus dem Baumarkt. Die von UBA getesteten Tests (z. B. der „Schimmel-Detektor“ für 9,99 €) erkennen nur 28 Prozent der Befälle korrekt. Sie sagen dir, ob da „was ist“ - aber nicht, woher es kommt.
Phase 4: Primär- oder Sekundärbefall? Das ist entscheidend
Nicht jeder Schimmel muss gleich abgerissen werden. Die Checkliste unterscheidet zwei Arten:- Primärbefall: Entsteht durch bauliche Feuchtigkeit - also undichte Dächer, kapillare Aufstiegsfeuchtigkeit oder fehlende Dämmung. Hier hilft nur eine sanierende Maßnahme: Dämmung, Abdichtung, Trockenlegung. Eine einfache Reinigung bringt nichts.
- Sekundärbefall: Ist oberflächlich, kleiner als 0,5 m² und entsteht durch feuchte Luft - z. B. nach dem Duschen oder Kochen. Hier reicht eine professionelle Reinigung mit MikroSAN F11 oder einem speziellen Schimmelspray. Kein Abkratzen, kein Anstreichen.
Wenn du den Befall nicht richtig einordnest, riskierst du eine Fehlsanierung. Ein Fall aus Göttingen: Ein Mieter hat einen kleinen Fleck an der Wand abgewischt, dann mit Farbe überstrichen. Zwei Monate später war der Schimmel doppelt so groß - weil die Feuchtigkeit aus dem Fensterrahmen nicht behoben wurde.
Phase 5: Gesundheitliche Symptome nicht ignorieren
Schimmel ist nicht nur ein Bauproblem - er ist ein Gesundheitsrisiko. Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg hat 1996-1997 nachgewiesen: Kinder in schimmelbelasteten Wohnungen haben ein 1,5- bis 1,7-fach höheres Risiko für Atemwegserkrankungen.Frage dich:
- Wirst du beim Betreten des Zimmers husten oder schniefen?
- Hast du Kopfschmerzen oder Müdigkeit, die nur zu Hause auftreten?
- Spürst du Juckreiz an Augen oder Haut, besonders nachts?
Wenn ja - und du findest keinen sichtbaren Schimmel - könnte es sich um einen versteckten Befall handeln. 41 Prozent der „Schimmelverdachtsfälle“ sind laut UBA gar kein Schimmel, sondern andere Schadstoffe wie TVOC oder Formaldehyd. Hier hilft nur eine MVOC-Messung (flüchtige organische Verbindungen aus Pilzen). Ein Gutachter nimmt dafür Luftproben mit einem MAS-100 Eco-Gerät - 100 Liter Luft pro Minute.
Was du nicht tun solltest
Viele versuchen, Schimmel mit Hausmitteln zu bekämpfen - und verschlimmern das Problem:- Essigessenz: Wirkt nur oberflächlich. Schimmel wächst schneller zurück, weil Essig die Oberfläche auflockert.
- Chlorreiniger: Tötet sichtbaren Schimmel, aber nicht die Sporen. Außerdem reizt es die Atemwege.
- Fungizide aus dem Baumarkt: 54 Prozent der Fehlsanierungen entstehen durch unsachgemäßen Einsatz. Sie setzen TVOC-Werte bis zu 2,3 mg/m³ frei - das ist über drei Mal mehr als der Grenzwert von 0,6 mg/m³.
Wenn du reinigst: Trage Handschuhe, eine Maske und lüfte den Raum mindestens 24 Stunden danach. Und: Wasche alle Textilien, die in der Nähe waren - Vorhänge, Betttücher, Teppiche. Sporen haften überall.
Wann du einen Gutachter brauchst
Du kannst die Checkliste selbst anwenden - aber wenn du unsicher bist, hol dir Hilfe. Ein zertifizierter Schimmelsachverständiger (nach ISO/IEC 17024) kostet 150-300 € pro Stunde. Die Prüfung dauert mindestens 3 Stunden.Du solltest einen Gutachter beauftragen, wenn:
- Der Schimmel größer als 0,5 m² ist
- Er sich nach einer Reinigung wieder ausbreitet
- Du gesundheitliche Beschwerden hast, aber keinen sichtbaren Befall findest
- Der Vermieter nichts unternimmt, obwohl du den Schimmel dokumentiert hast
Der Bundesgerichtshof hat 2022 entschieden: Ab 0,1 m² Schimmel muss der Vermieter sanieren - nicht erst ab 0,5 m². Das ist ein wichtiger Rechtstipp für Mieter.
Was nach der Sanierung kommt
Sanierung ist nicht das Ende. Wenn du die Ursache nicht beseitigt hast, kommt der Schimmel zurück. Nach der Reinigung oder Renovierung:- Miss die Luftfeuchtigkeit 72 Stunden lang mit einem Datenlogger.
- Stelle sicher, dass die Raumtemperatur über 18 °C bleibt - kalte Räume fördern Kondensation.
- Lüfte regelmäßig: Dreimal täglich 10 Minuten stoßlüften, nicht kippen.
- Vermeide große Pflanzen im Schlafzimmer - sie erhöhen die Luftfeuchtigkeit.
- Prüfe nach 3 Monaten noch einmal mit dem Feuchtemessgerät.
Die meisten Erfolgsgeschichten auf Reddit (r/Baubiologie) berichten von Nutzern, die nach der Checkliste ihre Wohnung dauerhaft schimmelfrei haben - weil sie die Ursache behoben haben, nicht nur den Fleck.
Die Zukunft: KI und digitale Checklisten
Seit März 2023 testet das Fraunhofer IBP eine KI-gestützte App, die mit der Smartphone-Kamera und Klimadaten Schimmelrisiken in Echtzeit erkennt. In Pilotversuchen lag die Treffsicherheit bei 89 Prozent. Noch ist sie nicht für die breite Öffentlichkeit verfügbar - aber sie zeigt: Die Zukunft liegt in der Digitalisierung.Die EnEV-Novelle 2024 macht Schimmelprävention in energetischen Sanierungen verpflichtend. Experten erwarten bis 2026 einen 22-prozentigen Anstieg der Checklisten-Nutzung. Wer jetzt lernt, wie man Schimmel richtig erkennt, spart später Geld - und Gesundheit.
Kann ich Schimmel mit Essig selbst entfernen?
Nein. Essigessenz wirkt nur oberflächlich und lockert die Oberfläche auf - dadurch kann der Schimmel schneller zurückkehren. Er tötet keine Sporen und verändert nicht die Feuchtigkeitsquelle. Besser: Spezielle Reinigungsmittel wie MikroSAN F11 verwenden, die von zertifizierten Sanierern empfohlen werden.
Wie viel Schimmel ist gefährlich?
Es gibt keine gesetzlichen Grenzwerte für Schimmelsporen in Wohnräumen. Selbst 100 KBE/m³ (Koloniebildende Einheiten pro Kubikmeter) gelten als Handlungsbedarf - laut Dr. Christine Wamsler vom Umweltbundesamt. Wichtig ist nicht die Menge, sondern die Dauer der Belastung und die Gesundheitsreaktion der Bewohner. Wenn du Symptome hast, ist schon wenig zu viel.
Muss der Vermieter Schimmel sanieren?
Ja - und zwar schon ab 0,1 m² sichtbarem Schimmel, wie der Bundesgerichtshof 2022 entschieden hat. Der Vermieter ist verpflichtet, die Ursache zu beseitigen - nicht nur die Flecken abzuwischen. Mieter sollten den Schimmel fotografisch dokumentieren und schriftlich melden. Wenn nichts passiert, kann die Verbraucherzentrale helfen.
Warum wächst Schimmel hinter Möbeln?
Weil Luft nicht zirkulieren kann. Möbel an Außenwänden verhindern die Wärmezufuhr - die Wand kühlt ab, die Luftfeuchtigkeit kondensiert. 63 Prozent aller versteckten Schimmelschäden finden sich hinter Schränken, Betten oder Sofas. Deshalb: Mindestens 5 cm Abstand zur Wand lassen, besonders in Schlaf- und Wohnzimmern.
Wie lange dauert eine Schimmelsanierung?
Das hängt von der Ursache ab. Bei oberflächlichem Schimmel (Sekundärbefall) dauert die Reinigung 1-3 Tage. Bei baulichen Defekten - wie kapillarer Feuchtigkeit oder undichtem Dach - kann die Sanierung 1 bis 12 Wochen dauern. Die Trocknung der Wände allein kann bis zu 6 Wochen brauchen. Geduld ist entscheidend.