Was sind Mietnomaden wirklich?
Mietnomaden sind keine gewöhnlichen Mieter, die mal kurz in Zahlungsverzug geraten. Sie kommen mit gefälschten Papieren, lügen über ihr Einkommen, unterschreiben den Mietvertrag - und haben von Anfang an vor, nicht zu zahlen. Nach ein paar Monaten verschwinden sie - mit leeren Koffern, aber mit einer Wohnung, die sie zerstört haben. Die Küche ist weg, die Fliesen im Bad gebrochen, der Boden mit Schmutz und Müll bedeckt. Und die Miete? Nie bezahlt. In Leipzig, Berlin oder Köln passiert das häufiger, als viele Vermieter glauben.
Rechtlich gesehen ist das Betrug. Gemäß § 263 StGB ist es strafbar, wenn jemand mit der Absicht einen Mietvertrag abschließt, ohne jemals zahlen zu wollen. Die Polizei ermittelt nicht immer, weil viele Vermieter den Fall nicht melden. Doch wenn es ans Gericht geht, drohen bis zu fünf Jahre Haft. Das klingt hart - aber für die Betroffenen ist es kein theoretisches Risiko. Ein Vermieter in Köln berichtete auf ImmobilienScout24 von 28.500 Euro Schaden: 14.200 Euro ausstehende Miete, 8.300 Euro für Räumung und Anwalt, 6.000 Euro für Renovierung. Das ist kein Einzelfall.
Wie erkennen Sie einen Mietnomaden vor dem Einzug?
Die meisten Vermieter verlassen sich auf eine Schufa-Auskunft und ein Gehaltszeugnis. Das reicht nicht mehr. Mietnomaden haben heute Zugang zu professionellen Fälschern, die echte aussehende Dokumente erstellen - mit gefälschten Stempeln, Unterschriften und sogar QR-Codes, die auf echte Unternehmensseiten führen.
So prüfen Sie richtig:
- Drei Gehaltsabrechnungen der letzten sechs Monate - nicht nur eine Bescheinigung vom Arbeitgeber. Prüfen Sie, ob die Beträge konsistent sind, ob die Bankverbindung stimmt, ob die Abrechnung den Namen des Arbeitgebers trägt. Fordern Sie eine Kopie des Lohnauszugs vom letzten Monat an - mit ausgestelltem Datum.
 - Keine Referenzen vom Mieter selbst. Fragen Sie den vorherigen Vermieter direkt an. Nutzen Sie die Telefonnummer aus dem Mietvertrag oder aus der Hausverwaltung. Wenn der Interessent nur eine Nummer mitbringt, die er selbst angibt - Alarm.
 - Personalausweis prüfen. Fordern Sie den Originalausweis und machen Sie eine Kopie mit handschriftlicher Unterschrift: „Im Original gesehen, unterschrieben am [Datum]“. Das verhindert, dass jemand mit einem gefälschten Ausweis einzieht.
 - Gewerbezentralregister prüfen. Falls der Mieter selbstständig ist, prüfen Sie im Gewerbezentralregister, ob er tatsächlich ein Gewerbe hat und ob es laufende Strafverfahren oder Zahlungsunfähigkeit gibt. Ein Mieter, der als Selbstständiger 3.000 Euro verdient, aber seit drei Jahren keine Steuern gezahlt hat - kein guter Kandidat.
 - Kein Mietvertrag ohne Schufa-Einwilligung. Wenn jemand ablehnt, die Schufa-Auskunft zu genehmigen - verlassen Sie sich nicht auf seine Erklärung. Das ist ein rotes Signal. Selbst wenn er sagt: „Ich habe eine gute Schufa, aber ich will meine Daten nicht preisgeben.“ Das ist kein Grund, sondern ein Warnsignal.
 
Ein professionelles Screening dauert drei bis fünf Tage. Das ist viel Zeit? Ja. Aber es kostet weniger als ein einziger Mietnomaden-Fall.
Was passiert, wenn der Mieter nicht zahlt?
Die erste Mahnung? Ignoriert. Die zweite? Wird nicht geöffnet. Die fristlose Kündigung nach zwei Monaten Mietschulden? Wird nicht beantwortet. Dann kommt der Gerichtsvollzieher - aber bis dahin sind oft neun bis fünfzehn Monate vergangen. In dieser Zeit läuft die Miete weiter, die Nebenkosten fallen an, die Wohnung bleibt leer. Und der Schaden wächst.
Die Rechtslage ist klar: § 543 BGB erlaubt die fristlose Kündigung bei zwei Monatsmieten Zahlungsverzug. Aber das ist nur der Anfang. Der Vermieter muss eine Räumungsklage einreichen. Die Dauer? In Leipzig durchschnittlich 11 Monate. In München 14. Währenddessen muss der Vermieter weiterhin die Nebenkosten zahlen, die Heizung laufen lassen, die Versicherung bezahlen. Einige Vermieter verkaufen die Wohnung, weil sie den Druck nicht mehr aushalten.
Wichtig: Jede Kommunikation muss schriftlich und per Einschreiben erfolgen. Keine WhatsApp-Nachrichten. Keine mündlichen Absprachen. Alles dokumentieren. Fotos vom Zustand der Wohnung vor und nach dem Einzug. Ein Protokoll mit Datum und Unterschrift des Mieters - auch wenn er es später abstreitet.
Was tun, wenn die Wohnung zerstört ist?
Mietnomaden nehmen nicht nur die Miete mit. Sie nehmen die Küche. Die Badewanne. Die Fliesen. Die Heizkörper. Manchmal sogar die Türen. Das ist keine normale Abnutzung. Das ist Sachbeschädigung - und das ist strafbar. Gemäß § 303 StGB kann der Vermieter Anzeige erstatten. Doch die Polizei ermittelt oft nicht, wenn der Schaden unter 5.000 Euro liegt. Deshalb ist die Versicherung entscheidend.
Spezielle Mietnomadenversicherungen von Allianz, AXA oder anderen Anbietern decken bis zu 25.000 Euro Schaden ab. Die Jahresprämie liegt zwischen 120 und 350 Euro - je nach Wert der Immobilie. Die Selbstbeteiligung ist meist 10-15%. Das klingt teuer? Vergleichen Sie das mit einem Schaden von 30.000 Euro. Die Versicherung zahlt - vorausgesetzt, Sie haben die Prüfung richtig gemacht. Wenn Sie den Mieter nicht überprüft haben, lehnt die Versicherung ab.
Einige Vermieter nutzen auch Dienstleister wie MieterCheck24 oder SecureRent. Die prüfen Schufa, Einkommen, Gewerbezentralregister und Referenzen - für 49 bis 89 Euro. Das ist kein Luxus. Das ist Versicherung vor dem Einzug.
Warum ist das Problem heute schlimmer als früher?
Es ist nicht nur die Zahl der Fälle. Es ist die Professionalisierung. Vor zehn Jahren haben Mietnomaden noch selbst gefälschte Gehaltsabrechnungen erstellt. Heute gibt es ganze Netzwerke, die dafür sorgen: Ein Team fälscht die Dokumente, ein anderer organisiert die Besichtigung, ein dritter vermittelt die Wohnung über anonyme Konten. Die Betrüger arbeiten oft international - mit Sitz in Osteuropa oder Nordafrika. Sie nutzen die Digitalisierung, um sich unsichtbar zu machen.
Die Inflation von 2022 bis 2023 hat das Problem verschärft. Die Deutsche Rentenversicherung meldete einen Anstieg von 12,7% bei Mietnomaden-Fällen. Menschen, die vorher pünktlich gezahlt haben, geraten jetzt in Schwierigkeiten - und manche entscheiden sich bewusst, zu betrügen, weil sie glauben, sie hätten keine andere Wahl. Das ist kein Grund, die Schuld auf die Mieter zu schieben. Aber es zeigt: Das Problem ist wirtschaftlich, nicht nur moralisch.
Und der Wohnungsmarkt? In den sieben größten deutschen Städten sind die Mieten seit 2015 um 58% gestiegen. Die Einkommen nur um 17%. Wer kann das noch bezahlen? Die Spannung wächst. Und mit ihr die Anzahl derer, die versuchen, das System zu missbrauchen.
Was ändert sich in Zukunft?
Seit Januar 2024 testet die Bundesregierung eine zentrale Mieterschutzdatei. Vermieter können dort Mieter eintragen, die nachgewiesen betrügerisch gehandelt haben. Die Idee: Wenn ein Betrüger in Berlin eine Wohnung hat, kann er in Hamburg nicht einfach wieder einziehen. Es ist ein Pilotprojekt - und es stößt auf Widerstand. Datenschützer warnen vor Missbrauch. Wer entscheidet, wer ein Mietnomade ist? Was, wenn jemand zu Unrecht eingetragen wird?
Aber die Erfahrung aus den Niederlanden ist vielversprechend. Seit 2020 gibt es dort ein zentrales Register. Die Zahl der Mietnomaden-Fälle ist um bis zu 35% gesunken. Das zeigt: Systematische Prävention funktioniert. Es ist kein Wundermittel - aber ein wichtiger Schritt.
Professionelle Vermieter nutzen schon heute digitale Tools, Screening-Dienste und Versicherungen. Private Vermieter mit nur einer Wohnung? Oft noch nicht. Dabei ist es genau diese Gruppe, die am meisten leidet. Sie haben keine Rechtsabteilung, keine Hausverwaltung, keinen Anwalt auf Abruf. Sie sind allein.
Was sollten Sie jetzt tun?
Wenn Sie vermieten:
- Prüfen Sie jeden Mieter - mit drei Gehaltsabrechnungen, Schufa, Personalausweis und direktem Kontakt zum früheren Vermieter.
 - Unterzeichnen Sie ein Besichtigungsprotokoll - mit Datum und Unterschrift.
 - Schließen Sie eine Mietnomadenversicherung ab - auch wenn es nur 150 Euro pro Jahr kostet.
 - Vermeiden Sie Kleinanzeigenportale wie eBay Kleinanzeigen. Nutzen Sie professionelle Plattformen wie ImmobilienScout24 oder Agenturen mit Screening-Pflicht.
 - Dokumentieren Sie alles - Fotos, Schreiben, Telefonate, E-Mails.
 - Wenn Sie Zweifel haben - sagen Sie nein. Ein schlechter Mieter ist teurer als eine leere Wohnung.
 
Wenn Sie Mieter sind: Seien Sie ehrlich. Zeigen Sie Ihre Unterlagen. Machen Sie den Prozess einfach. Die meisten Mieter zahlen pünktlich. Sie verdienen Respekt - und einen sicheren Wohnraum. Aber diejenigen, die betrügen, gefährden nicht nur Vermieter - sie gefährden auch die, die es ehrlich meinen.
Wie reagieren Sie, wenn Sie schon betroffen sind?
Wenn der Mieter nicht zahlt und verschwunden ist:
- Prüfen Sie die Mietvertragsbedingungen - ist die fristlose Kündigung möglich?
 - Senden Sie eine schriftliche Kündigung per Einschreiben mit Rückschein.
 - Reichen Sie eine Räumungsklage ein - am besten mit einem Anwalt für Mietrecht.
 - Erstellen Sie eine Schadensliste mit Fotos und Kostenvoranschlägen.
 - Informieren Sie Ihre Versicherung - innerhalb von 30 Tagen.
 - Erstatten Sie Anzeige wegen Betrug und Sachbeschädigung - auch wenn die Polizei nicht sofort ermittelt.
 
Warten Sie nicht. Jeder Tag, den Sie warten, kostet Geld. Und je länger Sie zögern, desto schwerer wird es, den Mieter zu finden - oder überhaupt etwas zurückzubekommen.